Es ist die entlegene, am östlichsten gelegene Insel Griechenlands, 130
km östlich von Rhodos, 275 km westlich von Zypern, aber nur 1,6 km vor
der Küste der Türkei gelegen. Kastelorizo (oder offiziell Megisti) ist
winzig, umfasst gerade einmal 13 Quadratkilometer sowie einige noch
kleinere, unbewohnte Inseln. Seine 430 Einwohner sind lange nicht mehr
die 10.000 vom Ende des 19. Jahrhunderts. Der Reiseführer Lonely Planet
hat sie als eine der vier (aus tausenden) besten griechischen Inseln zum
Tauchen und Schnorcheln ausgesucht. Es gibt keine öffentlichen
Transportmittel aus dem nahe gelegenen Anatolien, nur vom weit
entfernten Rhodos per Flugzeug oder Fähre.Dass Athen diesen Fetzen Land kontrolliert, impliziert, dass es eine
Ausschließlich Wirtschaftszone (AWZ) im Mittelmeer in Anspruch nehmen
könnte (was es bisher nicht tut), die die AWZ der Türkei auf einen
Bruchteil dessen reduziert, was ihr zustünde, befände sich die Insel
unter Ankaras Kontrolle, wie aus der zypriotischen Zeitung I Simerini
übernommene Landkarten zeigen. Die obere Karte zeigt Griechenland, wenn
es seine die volle 200 (nautische) Meilen betragende AWZ in Anspruch
nimmt und die AWZ für (das mit dem roten Pfeil gekennzeichnete)
Kastelorizo kontrolliert; die unterste zeigt die griechische AWZ ohne
Kastelorizo (mit dem weißen Pfeil angezeigt). Quelle: Die Jüdische
Autor: Daniel Pipes
Sollte Athen seine volle AWZ beanspruchen, würde Kastelorizos
Anwesenheit seine AWZ an die AWZ Zyperns angrenzen lassen, ein Faktor
von großer Bedeutung, jetzt, da massive Gas- und Öl-Vorkommen vor der
Küste entdeckt wurden. Mit einer AWZ profitiert Kastelorizo von der
aufkommenden Allianz Griechenland-Zypern-Israel, denn es ermöglicht
entweder zypriotisches oder israelisches Erdgas (per Pipeline) oder
elektrischen Strom (per Kabel) nach Westeuropa zu transportieren ohne
eine türkische Erlaubnis zu benötigen. Das hat seit dem 4. November eine
besondere Dringlichkeit gewonnen, weil der türkische Energieminister
Taner Yildiz da verkündete, seine Regierung werde keinem israelischen
Erdgas den Transit über türkisches Territorium gestatten; Ankara würde
wahrscheinlich auch zypriotische Exporte sperren.
Der türkische Premierminister Recep Tayyip Erdogan und seine regierenden
AKP-Parteikollegen akzeptieren die griechische Kontrolle über
Kastelorizo und seine sechs nautische Meilen betragenden territorialen
Gewässer, mehr aber nicht und gewiss nicht seine vollen AWZ-Rechte. Aus
ihrer Sicht stellt die griechische Geltendmachung einer AWZ durchaus
einen casus belli dar. Durch eine Neutralisierung von Kastelorizo kann
Ankara Anspruch auf eine große Wirtschaftszone im Mittelmeer erheben und
die Zusammenarbeit seiner Widersacher blockieren. Das ist der Grund,
dass die Insel zum Spannungsherd werden könnte.
Mehrere Entwicklungen deuten darauf hin, dass die AKP Griechenland
bezüglich Kastelorizo eine Drohkulisse aufbaut. Zuerst genehmigte sie im
September dem norwegischen Schiff Bergen Surveyor, begleitet von
anderen Seefahrzeugen vor Kastelorizo nach Gas und Öl zu schürfen, auch
auf einem Teil des Festlandsockels der Insel. Zweitens haben türkische
Kriegsschiffe zwischen Rhodos und Kastelorizo mit scharfer Munition
Manöver abgehalten. Und schließlich haben türkische Militärflugzeuge
2011 viermal Kastelorizo ohne Genehmigung überflogen; manchmal handelte
es sich um sehr tief fliegende Aufklärungsflugzeuge.
Diese Kampflust passt in ein größeres Muster. Die AKP-Regierung hat -
besonders seit sie im Juli die volle Kontrolle über die Streitkräfte
übernahm - zunehmende Feindseligkeit gegenüber Zypern, Israel, Syrien
und dem Irak an den Tag gelegt. Zusätzlich hat Ankara Zypern seine AWZ
verweigert; dasselbe bezüglich Kastelorizo zu tun baut also auf einer
bestehenden Politik auf. Zugegebenermaßen setzte die brutale, mit
Unterstützung von Napalm erfolgte Eroberung der nördlichen 36 Prozent
Zyperns 1974 einen Präzedenzfall zur Einnahme benachbarten
Inselterritoriums. Sich Kastelorizo zu greifen würde so viel Zeit
benötigen wie das Lesen dieses Artikels.
Bisher haben sich die Reaktionen auf die erhöhte türkische Aggressivität
im Mittelmeer auf Abschreckungsmaßnahmen gegen türkische Finten
bezüglich der Gas- und Öl-Reserven in der zypriotischen AWZ
konzentriert, wobei die Kriegsmarinen sowie Stellungnahmen der
Vereinigten Staaten und Russlands die Republik Zypern in Sachen ihrer
Rechte zur Verwertung seiner wirtschaftlichen Ressourcen den Rücken
stärken.
Der zypriotische Präsident Demetris Christofias warnte, wenn Ankara auf
seiner Kanonenboot-Diplomatie beharre, "werde das Folgen haben, die mit
Sicherheit nicht gut sein werden". Israels stellvertretender
Außenminister Danny Ayalon sagte den Griechen: "Wenn jemand versucht
gegen diese Bohrungen zu provozieren, werden wir diesen
Herausforderungen begegnen." Seine Regierung verstärkte die Sicherheit
nicht nur für die eigenen maritimen Felder, sondern auch für die
Bohrfelder in zypriotischen Gewässern. Bei mindestens einer Gelegenheit
haben sich israelische Kampfflugzeuge türkischen Schiffen
entgegengestellt.
Solche klaren Signale der Entschlossenheit sind willkommen. Da die
Europäische Union Griechenland drängt nach Kohlenwasserstoffen zu
bohren, um neue Einkommensquellen zu finden, sollte sie auch Athen
unterstützen, wenn es seine AWZ erklärt und die Wichtigtuerei der AKP
bezüglich Kastelorizo ablehnen; sie sollte klar die fatalen Folgen für
die Türkei anzeigen, die jedem Störung gegenüber einer Insel folgt, die
bisher mit einem guten Ruf für das Tauchen und Schnorcheln aufwartet.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen